Frauengesundheitsforschung -
Neue Fragestellungen in der Brustkrebsdiskussion sind dringend erforderlich

Eine der wichtigsten Erkenntnisse sozialwissenschaftlicher Frauengesundheitsforschung ist die Einflußnahme "geschlechtshierarchischer Kategorien sowie soziobiologischer und sexistischer Sicht- und Verhaltensweisen innerhalb der Medizin und hier insbesondere in der Gynäkologie" (Niedersächsisches Ministerium 1994; 111). Medizinische Frauenforschung ist jedoch in der Bundesrepublik bislang kaum institutionell verankert (Niedersächsisches Ministerium 1997; 41). Das hat zur Folge, daß die sozialen Elemente des Medizinwesens einen erheblich größeren Raum innerhalb der der Frauengesundheitsforschung einnehmen als die naturwissenschaftlichen. Als Mangel ist hier u.a. zu beobachten, daß "kaum oder kein Augenmerk darauf gerichtet wurde, welche Krankheiten nicht nur eine soziale sondern auch eine geschlechtsspezifische Ätiologie haben." (Niedersächsisches Ministerium 1997; 45).

Die neueste grundlegende Haltung, daß medizinisch-technischer Fortschritt nur durch und mit der Biotechnologie Erfolg haben kann, schlägt sich vor allem in der Krebsforschung und -Behandlung und hier noch einmal besonders in der Auseinandersetzung mit Brustkrebs nieder. Zumindest seit der Entdeckung der sog. Brustkrebsgene BRCA 1 und BRCA 2.

Einzig und allein die bio-medizinische Technologie könne zu einer "Korrektur" führen, so mittlerweile der Glaube. Der ungehemmte Fortschrittsglaube, der sich, in den Äußerungen Love/Lindseys bezüglich der Gentechnologie hinsichtlich der Brustkrebs"bekämpfung" niederschlägt, findet sich auch in der Onkologie bezüglich des Einsatzes von Diagnose und Therapie. Und auch die feministische Gesundheitsforschung ist in weiten Teilen an diesen Glaubenssätzen orientiert und fordert umfassende Mammographie-Screenings insbesondere für "familiär genetisch dispositionierte'" Frauen als Standardprogramme (vgl. taz 30.5.94, Love/Lindsey 1997; Berg 1995).

Technik, so scheint es, ist demnach zweckrational, lediglich ein Mittel oder Werkzeug für ganz bestimmte Anwendungen. Doch übersieht diese Auffassung, "daß das Wesen der Technik nichts technisches ist, sondern eine spezifische Weise der Konstruktion von Wirklichkeit, von Wahrheit" (Metze 1994; 120).

An Beispielen aus der Geschichte der Krebsaufklärung und -bekämpfung in den 50-er Jahren werde ich der Frage nachgehen, vor welchem Hintergrund Krebs-"bekämpfungs"-Kampagnen sich insbesondere an Frauen wenden und welche Konsequenz das für die betroffenen Frauen hatte und hat.

 

Referentin:

Angelika Foß, Dipl.-Päd.Studium mit den Schwerpunkten Erwachsenenbildung, Kunst und Geschichte, Studium der Politikwissenschaften, Referentin für Gesundheitsförderung, geboren 1957, Abitur über den zweiten Bildungsweg, 5 Jahre Leitung eines Frauenprojektes, 10 Jahre Tätigkeit in einem Gesundheitsprojektkollektiv, Schwerpunkte: Alternativen für die Krebsmedizin, Beratung für Patientinnen und Ärztinnen, Kritik an Gen- und Reproduktionstechnologie, Frauengesundheitsforschung; Vorstandstätigkeit für den Verein "Wissenschaft und Frauenbewegung", Mitbegründerin und Vorsitzende des Vereins "panakeia", Verein für Verhältnisprävention und Komplementärmedizin, assoziierte Kollegatin des DFG Graduiertenkollegs "Geschlechterverhältnis und sozialer Wandel" der Universitäten Essen - Bielefeld - Bochum - Dortmund; zur Zeit tätig für Institutionen des Gesundheitswesens als Gutachterin und im Projektmanagement.

 

Donnerstag, 13. Juli

Von 10 Uhr bis 12 Uhr


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